Empathisch abgrenzen in 3 Schritten

Du bist nicht falsch. Du bist auch nicht unfähig. Wenn andere dich kritisieren, hat das nicht unbedingt was mit dir zu tun. Wenn du danach übermäßig (lange) an dir selbst zweifelst und ständig verunsichert bist oder dich selbst abwertest, allerdings schon. Denn das sind Anzeichen dafür, dass du dich nicht ausreichend abgrenzt.

Die folgenden 3 Schritte helfen dir, dich empathisch abzugrenzen – damit du dich sicherer fühlst und selbstbewusst auf Kritik reagieren kannst.

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Möchtest du erst mal wissen, was empathisches Abgrenzen überhaupt ist, kannst du das hier nachlesen.

Inhalt

Ein typisches Beispiel, wie ich es oft erlebe

So kannst du dich in 3 Schritten empathisch abgrenzen

Schritt 1: Mach dir deine Glaubenssätze bewusst

Schritt 2: Zweifle deine Glaubenssätze an

Schritt 3: Setze Grenzen

Du bist nicht für alles verantwortlich – die anderen aber auch nicht

Leitfaden als PDF

Ein typisches Beispiel, wie ich es oft erlebe:

Ich hab neulich mit einer Freundin telefoniert. Sie erzählte mir von einer Situation, die ich sooo oft auch schon von meinen Kundinnen gehört habe: Jemand warf ihr einen Fehler vor, der aber eigentlich keiner war. Und sie musste sich außerdem kritische Kommentare zu „ihrer Art“ anhören.

Das Ende vom Lied war, dass meine Freundin ihre Erinnerungen anzweifelte: „Vielleicht hat diese Person ja recht. Je mehr ich drüber nachdenke, desto unsicherer bin ich mir, ob meine Erinnerung an die Situation richtig ist. Vielleicht habe ich das Gespräch auch falsch wahrgenommen. Sie sagt das ja nicht ohne Grund. Bestimmt hab ich irgendeine Angriffsfläche geboten, irgendwo was falsch gemacht.“

Was meine Freundin hier erlebt hat, ist ein ganz typisches Problem von sensiblen und empathischen Menschen, die sich nicht ausreichend abgrenzen. Das können sie aber lernen – und du auch, falls dir das alles hier bekannt vorkommt.

So kannst du dich in 3 Schritten empathisch abgrenzen

Wenn du dich bisher nicht gut abgrenzen kannst, liegt das an deinen unbewussten Grundannahmen und Überzeugungen, die du vor allem über dich selbst hast (hinderliche Glaubenssätze).

Deine Glaubenssätze beeinflussen, was du wahrnimmst und wie du dich in schwierigen Situationen verhältst. Sie lenken aber auch deine ganz alltäglichen Entscheidungen.

Schritt 1: Mach dir deine Glaubenssätze bewusst

Was mir ganz wichtig ist: Jeder Mensch trägt hinderliche Glaubenssätze mit sich rum. Und die sind nicht böse. Im Gegenteil, sie haben mal dafür gesorgt, dass wir uns sicherer fühlen.

Ein solcher Glaubenssatz kann z.B. sein: „Ich darf keine Fehler machen.“

Das zu glauben, hat möglicherweise dafür gesorgt, dass du sehr gewissenhaft geworden bist und deine Aufgaben sehr genau nimmst. Auf dich kann man sich einfach verlassen. Und jeder mag Menschen, auf die man sich verlassen kann. Deine Verlässlichkeit hat dir also Sicherheit gegeben und hat vielleicht verhindert, dass du abgelehnt und ausgegrenzt wurdest.

Inzwischen brauchst du diesen Selbstschutz aber nicht mehr. Und deswegen stolperst du drüber. Dazu aber an anderer Stelle mehr. Jetzt geht es erst mal darum, dass du erkennst, welchen Sätzen du so glaubst.

Deine hinderlichen Glaubenssätze, dein Stolpern, kannst du dir bewusst machen, indem du dich selbst ein bisschen beobachtest. Du kannst dir z.B. folgende Fragen stellen:

  • Was denke ich, wenn mich jemand kritisiert?
  • Was glaube ich, was passiert, wenn ich nicht so funktioniere, wie es von mir erwartet wird?
  • Was denke ich über meine Mitmenschen? In welchen Situationen bewerte oder verurteile ich deren Ansichten oder Verhalten?

All diese Antworten sagen etwas darüber aus, was du glaubst, wie die Dinge sein müssten – und wie du sein musst.

Schritt 2: Zweifle deine Glaubenssätze an

Wenn du rausgefunden hast, wie du über dich, die anderen und das Leben an sich denkst, zweifelst du das jetzt einfach mal an:

  • Kann ich zu 100% sicher sein, dass das wahr ist? (Kann ich zu 100% sicher sein, dass ich verlassen werde, wenn ich mal einen Fehler mache?)
  • Warum kann ich nicht zu 100% sicher sein, dass das wahr ist?
  • Welche gegenteilige Erfahrung habe ich schon gemacht? (Wann ist mir mal ein Fehler passiert und ich wurde nicht verlassen?)

Es kann sein, dass es ein bisschen länger dauert, bis du vor allem auf die zweite Frage Antworten findest. Aber du wirst sie finden. Mach dir keinen Antwortdruck und versuche, offen und neugierig zu bleiben.

Und wenn du mindestens eine Antwort gefunden hast, gibt es ja eigentlich keinen Grund, deinen bisherigen Glaubenssatz weiterhin einfach so zu glauben, oder?

Probiere es aus und schau, wie weit du damit kommst. Und wenn du irgendwann merkst, dass du festhängst, kannst du immer noch ein Stückchen tiefer graben.

Das Erkennen und Anzweifeln ist immer der erste Schritt.

Schritt 3: Setze Grenzen

Grenzen setzen heißt, sich an eigenen Bedürfnissen, Wünschen und Werten zu orientieren. Du machst Dinge also nicht mehr, weil du glaubst, dass du sie tun musst. Du weißt inzwischen, dass dir auch mal Fehler passieren dürfen und du trotzdem gemocht wirst.

Unter diesen Umständen würdest du doch einige Dinge gerne anders machen, oder?

Vielleicht willst du gar nicht mehr ständig kontrollieren, ob dein Kollege was falsch gemacht haben könnte, was dann auf dich zurückfallen würde. Vielleicht willst du deine E-Mails vor dem Absenden gar nicht 5x durchgehen, um zu schauen, ob auch ja alles perfekt beschrieben ist.

Sei ganz ehrlich zu dir selbst: Nervt es dich, das tun zu „müssen“?

Wenn nicht, gut. Dann mach das ruhig weiterhin. Wenn doch, fange genau dort an, Grenzen zu setzen. Du wirst sehen, dass du das automatisch auch auf andere Bereiche ausweiten wirst.

Vielleicht möchtest du gar nicht von deiner Kollegin wie eine unfähige Anfängerin behandelt werden. Denn die bist du nicht. Auch dann nicht, wenn dir mal ein Fehler passieren sollte. Vielleicht möchtest du ihr klar sagen, dass dir eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe wichtig ist. (Wie du das wertschätzend tun kannst, habe ich dir hier beschrieben.)

Falls du gerade noch nicht weißt, was du willst und was nicht, beantworte dir folgende Fragen:

  • Wo in meinem Leben möchte ich mehr Freiheit? (Wo fühlt es sich aktuell besonders beengend, bedrückend und stressig an?)
  • Woran erkenne ich, dass ich gut auf mich achte? Wie gut achte ich auf mich?
  • Wie sehr möchte ich von anderen geführt werden? Wo möchte ich lieber selbst entscheiden?
  • Welche Werte sind mir wichtig? (z.B. Freude, Respekt, Ehrlichkeit, Mitgefühl, Familie, Humor, Ruhe…)
  • Wie muss ein (Arbeits-) Umfeld sein, damit ich mich wohlfühlen kann?
  • Welche konkreten Grenzen ergeben sich aus meinen Antworten, die ich ab sofort setzen, wieder öffnen und/oder bei anderen wahren möchte? Wie genau möchte ich das umsetzen?

Du bist nicht für alles verantwortlich – die anderen aber auch nicht

Du hast jetzt ein paar Anregungen, wie du starten kannst, wenn du lernen möchtest, dich besser abzugrenzen.

Wichtig ist, dass du bei dir bleibst: Übernimm die Verantwortung für deine Ansichten, deine Empfindungen und dein Verhalten. Und lass die Verantwortung für Ansichten, Empfindungen und Verhaltensweisen deiner Mitmenschen bei ihnen.

Auch meiner Freundin hat das Hinterfragen der eigenen Zweifel übrigens geholfen. Sie macht sich immer wieder bewusst, dass es nichts mit ihr zu tun hat, wie andere Menschen über sie denken. Allein dadurch kann sie schon selbstsicherer auf kritische Meinungen anderer reagieren.

Leitfaden als PDF

Diesen Leitfaden gibt auch als übersichtliches und digital beschreibbares PDF. Hier kannst du es dir kostenfrei downloaden:
(keine Angabe der E-Mail-Adresse erforderlich)

Wenn du Fragen zum Thema hast oder deine Gedanken und Erfahrungen mit mir teilen möchtest, kommentiere unten oder schreib mir hier. Danke für deine Zeit 🙂

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