Gegen innere Unruhe gibt es 5 einfache Schritte. Warum aber nutzen wir sie so selten und wie können wir lernen mit unserer Nervosität angemessen umzugehen?

Das Herz rast, der Bauch kribbelt (nicht das schöne Kribbeln, sondern das, was direkt auf den Magen drückt), die Hände werden feucht und zittern. Du merkst, wie du zunehmend nervöser wirst und hast Angst, dass dir jetzt auch noch die Stimme weg bleibt. Du versuchst dich zu beruhigen, indem du auf deinen Nägeln oder deinen Lippen kaust oder anfängst dich zu kratzen. Du sagst dir immer wieder: „Reiß dich zusammen! Bleib ruhig!“.

Manchmal weißt du ganz genau, was dich so nervös macht. Aber gelegentlich kommt es auch vor, dass du scheinbar grundlos total unruhig wirst. Als sehr sensibler Mensch bist du anfällig für sämtliche Veränderungen und Stimmungen um dich herum. Aber nicht immer kannst du sie genau benennen.

5 Schritte gegen innere Unruhe

Ich möchte dir in 5 einfachen Schritten zeigen, wie du deiner inneren Unruhe und Nervosität entgegentreten kannst. Wichtig ist aber, dass du diese Schritte übst. Und zwar regelmäßig und in Momenten, in denen es dir gut geht. So kannst du sie in kritischen Situationen leichter abrufen. Denn wenn du es schaffst, diese Schritte zu deiner Gewohnheit zu machen, sorgt dein innerer Autopilot dafür, dass du in stressigen Situationen leichter einen Ausgleich findest.

1. Gefühl der Unruhe akzeptieren

Wenn wir innerlich unruhig werden, neigen wir normalerweise dazu, diese Gefühle und Gedanken wegzudrängen. Wir wollen uns zusammenreißen, versuchen uns abzulenken. Dadurch bauen wir allerdings eine innere Spannung auf, was wiederum erneuten Stress bedeutet. Diese Spannung entsteht, weil wir sind, wie wir gerade nicht sein wollen. Wir kämpfen sozusagen gegen uns selbst.

Möchtest du für ENTspannung sorgen, hilft es, deine Unruhe und Unsicherheit anzunehmen. Mach dir bewusst, dass es sich nur um ein Gefühl handelt und nicht um eine tatsächliche Bedrohung. Ändere dann deinen inneren Dialog. Statt „Reiß dich mal zusammen!“ ist es besser, dir zu sagen „Okay, jetzt fühle ich mich irgendwie unsicher und nervös. Das will ich zwar nicht, aber es ist jetzt eben so.“

Diese Unruhe ist da, so oder so. Indem du sie als ein Gefühl akzeptierst, nimmst du ihr gleichzeitig die Macht. Wichtig ist in diesem Fall auch die Formulierung deines Satzes. Vermeide dabei Sätze wie „Ich BIN unsicher.“ und sage lieber „Ich FÜHLE MICH unsicher.“. Auch solche vermeintlichen Kleinigkeiten wirken sich auf weitere Gedanken, Gefühle und Handlungen aus.

2. Ruheort suchen und durchatmen

Wenn deine innere Unruhe beginnt zu viel Raum einzunehmen und du mit Gedanken allein nicht mehr weiterkommst, suche dir einen Ruheort. Ob das jetzt die Umkleide, die Toilette oder die Runde um den Block ist, spielt keine Rolle. Hauptsache du hast einen Moment für dich allein.

Zieh dich zurück und atme: 3-5 Sekunden lang durch die Nase tief in den Bauch einatmen, 3-5 Sekunden lang halten, 3-5 Sekunden lang durch den Mund ausatmen. Das Ganze wiederholst du einige Male.

Bewusstes Atmen ist bei stressigen Gedanken der schnellste Ausweg aus dem Teufelskreis. Wer gestresst ist, atmet flacher und brustlastiger. Die Atmung reagiert in diesem Moment auf deine Gedanken und bereitet dich auf Handlungen vor („Nichts wie weg hier!“). Nutze also diesen Effekt und kehre ihn um: Eine ruhige und bewusste Atmung regt den Ruhe-Nerv an und „erdet“ dich.

Wenn du keine Möglichkeit zum Rückzug hast, versuche trotzdem diese Atemtechnik anzuwenden. Das kannst du ganz einfach und relativ unauffällig jederzeit und überall tun.

3. Bewegung

Bestimmte Situationen lösen angst- und stresserzeugende Gedanken in uns aus, was uns unruhig werden lässt. In diesem Moment produziert unser Körper Stresshormone. Diese Hormone sollen es uns ermöglichen, entsprechende Handlungen vorzunehmen, um aus dieser Stress-Situation möglichst schnell und möglichst unbeschadet wieder herauszukommen. Dabei greift unser Kopf auf das Mittel zurück, welches als erstes zur Verfügung steht. Das ist in der Regel Flucht oder Angriff. Das bedeutet, der Körper ist nun auf Bewegung vorbereitet.

Im Alltag äußert sich das übrigens häufig durch impulsive (Gefühls-)Reaktionen, Gereiztheit, Rückzug usw. Hier fehlt dann allerdings die eingeforderte Bewegung. Wenn wir unserem Körper nun aber diese Möglichkeit nicht geben, kann kein ausreichender Stressabbau erfolgen.

Das heißt jetzt für dich: Sorge regelmäßig für Bewegung. Manchmal reicht die kleine Runde um den Block. Gelegentlich solltest du dich aber körperlich einmal richtig auspowern, damit die Stresshormone auch wirklich abgebaut werden können. Diesen Effekt kannst du noch verstärken, indem du deine Sport- und Bewegungseinheiten nach draußen in die Natur verlagerst. Besonders der Wald und das Wasser haben eine starke regenerative Wirkung auf uns. (Das ist übrigens einer der Gründe, warum ich Hunde habe.)

4. Gewohnheiten ändern

Wenn wir innerlich unruhig werden, greifen wir oft auf Mittel zurück, die uns nur kurzzeitig „ruhigstellen“. Manch einer gönnt sich eine Zigarette oder isst etwas, um kurzfristig für Entspannung zu sorgen, andere lenken sich erst ab, geben aber später ihren impulsiven Gefühlsreaktionen nach und „reagieren über“. Natürlich muss der ganze Stress und die Angst raus. Es hilft aber wenig, sich so lange zurückzuhalten, bis es nur noch den Tropfen braucht, der das Fass zum Überlaufen bringt. Wir haben uns in diesem Moment zwar erst einmal vom Stress befreit und das tut auch gut, sorgt aber schon nach relativ kurzer Zeit für Gewissensbisse und Erschöpfung.

Besser wäre es, wenn du die Schritte 1 bis 3 zu deiner neuen Gewohnheit machst: Schreib dir dafür einmal sämtliche deiner Alltagsroutinen auf. Das sind alle Dinge, die du jeden Tag gleich machst: Aufstehen bzw. noch 3 mal rumdrehen nach dem ersten Weckerklingeln, Zähneputzen, Kaffee kochen, E-Mails checken, das Radio anschalten usw.

Überlege dir nun, an welche dieser Routinen du noch eine weitere anhängen könntest. Du könntest zum Beispiel vor jedem Zähneputzen ein paar bewusste Atemzüge, wie unter Punkt 2 beschrieben, machen. Oder immer wenn du die Kaffeemaschine anschaltest, formulierst du innerlich einen Satz, der aussagt, wie du dich gerade FÜHLST („Ich FÜHLE mich müde“.), um dann zu üben, dieses Gefühl anzunehmen („Ich fühle mich müde. Das ist jetzt nun mal so.“).

Welche deiner Routinen eignet sich, um mehr Bewegung in deinen Alltag zu bringen? Wenn ich zum Beispiel morgens die Kinder zu Fuß in die Kita bringe, nehme ich die Hunde mit und drehe noch eine zügige (!) Extrarunde. Das kostet mich nur wenige Minuten Zeit, powert mich körperlich aber ein Stückchen mehr aus und macht mich gleichzeitig wacher.

Sammle alle Ideen, schreib sie dir auf und entscheide dich zunächst für nur ein oder zwei einfache Routinen, die du einführen möchtest. Halte auch schriftlich fest, ob du sie durchgeführt hast. Gerade zu Beginn ist es wichtig, diese Dinge möglichst jeden Tag zu wiederholen, da sie sonst schnell wieder in Vergessenheit geraten. Es kann zwischen 2 Wochen und 3 Monaten dauern, bis sich eine neue Routine zur automatischen Gewohnheit entwickelt hat.

5. Lösungslosigkeit aushalten

Du ertappst dich mal wieder dabei, wie du über sämtlichen Problemen brütest? Du versuchst sie bis ins Detail zu verstehen und suchst beinahe krampfhaft nach Lösungen, damit du wieder zur Ruhe kommen kannst? Aber so richtig passt einfach nichts? Deine Gedanken werden immer schneller und du fühlst dich von ihnen gehetzt?

Stoppe das Nachdenken bewusst, wenn du merkst, dass es dich stresst. Es ist in Ordnung nicht sofort für alles eine Lösung zu haben. Oft ist es sogar hilfreich mit der Lösungssuche so lange zu warten, bis etwas Ruhe eingekehrt ist.

Erschaffe dir Erleichterung, indem du deine Gedanken nach außen bringst. Schreibe sie auf oder rede mit jemandem darüber, ohne dabei die Absicht zu verfolgen, danach eine Lösung parat zu haben. Auf dem Papier ist aus dem Kopf! 

Auch Ablenkung ist ausdrücklich erwünscht. Wenn du merkst, dass du gedanklich festhängst und dadurch innerlich unruhig wirst, akzeptiere dieses Gefühl und richte dann deine Aufmerksamkeit auf Dinge außerhalb deines Kopfes: lies ein Buch, schau fern, räume die Wohnung auf oder mach Sport.

Es lohnt sich, Lösungslosigkeit eine gewisse Zeit lang auszuhalten und sich ganz bewusst gegen das Grübeln zu entscheiden. Denn oft kommen die besten Einfälle dann, wenn wir gedanklich Abstand zum Problem nehmen.

Fazit

Bei allem, was wir tun, ist das Maß entscheidend. Es ist in Ordnung und auch manchmal erforderlich, sich zusammenzunehmen oder abzulenken, um die Fassung zu wahren. Wichtig ist dann aber, dass wir uns ganz bewusst dafür entscheiden und in absehbarer Zeit für einen Ausgleich sorgen, die 5 Schritte also zeitnah nachholen.

Wenn du dich tiefer mit dem gesunden Bewältigen von (zwischenmenschlichem) Stress und dem Regulieren von Emotionen befassen möchtest, komm gern zum nächsten Basis-Workshop.

Leidest du auch unter innerer Unruhe?

Was hilft dir besonders gut? Was funktioniert bisher überhaupt nicht? Hast du Fragen zum Thema? Hinterlasse doch einen Kommentar oder schreibe mir eine Nachricht.

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