Du gibst dir Mühe, übernimmst Verantwortung, bringst dich ein. Und trotzdem bekommst du keine Rückmeldung, kein ehrliches Feedback, keine Anerkennung. Das hinterlässt Spuren. In diesem Artikel antworte ich auf eine Blogbriefkasten-Frage und teile meine Sicht auf diese Situation inkl. einer Reflexionsübung, die dir helfen kann, deine Situation einzuordnen und gut für dich zu sorgen.
Möchtest du auch Fragen oder Gedanken einwerfen, die dich beschäftigen? Hier geht’s zum Blog-Briefkasten.
Du hast schon mal eine Frage gestellt? Dann findest du hier alle bisherigen Antworten.
Inhalt
Die vollständige Nachricht aus dem Blog-Briefkasten
Meine kurze Antwort auf deine Frage
Wertschätzung ist kein Bonus, sie ist ein Grundbedürfnis
Was du tun kannst, wenn du dich nicht geschätzt fühlst
Reflexionsübung zur Selbstachtung und Abgrenzung: Was ist meine Arbeit (mir) wert?
Fazit: Fehlende Wertschätzung am Arbeitsplatz kann krank machen
Die vollständige Nachricht aus dem Blog-Briefkasten
Ich erhalte keine Wertschätzung in der Arbeit von meiner direkten Vorgesetzten und von meinem Chef schon gar nicht. Ich wurde in meiner Abteilung mit neuen Aufgaben betraut, meine Kollegin, die mich einarbeitet, zeigt mir nur meine Fehler und sagt mir nicht, was ich schon gut mache. Das gleiche macht meine direkte Vorgesetzte. Ich habe schon zwei Feedback Gespräche mit ihr geführt. In diesen Gesprächen habe ich immer versucht, ein Feedback zu erhalten. Dies ist aber nicht passiert. Ich bin der Meinung, dass ich diese Arbeit gut mache. Von meiner direkten Vorgesetzten bekomme ich keine Antwort. Des weiteren fühle ich mich auch nicht wertgeschätzt. Ich bin schon seit 36 Jahren in dieser Abteilung. Aber so schlimm wie jetzt habe ich dies noch nie empfunden. Kann man auf Dauer arbeiten, ohne wertgeschätzt zu werden?
Meine kurze Antwort auf deine Frage
Herzlichen Dank für deine Nachricht. Es kann so frustrieren und erschöpfen, wenn einem auf Dauer ständig nur die Fehler vorgehalten werden und konstruktive Gesprächsversuche immer wieder ins Leere laufen.
Um deine Frage kurz und knapp zu beantworten: Nein, man kann nicht auf Dauer arbeiten, ohne wertgeschätzt zu werden.
Prinzipiell ist es natürlich möglich, allerdings zahlst du dafür sehr wahrscheinlich einen hohen Preis. Vor allem, wenn du sehr loyal und verantwortungsbewusst bist oder deine Tätigkeit wirklich sehr gerne ausübst, kannst du das vielleicht eine ganze Weile aushalten. Je länger dieser Zustand aber andauert, desto mehr kann es dein Selbstwertgefühl herabsetzen. Und wenn du da immer wieder gegensteuern musst, kostet das irgendwann auch richtig viel Kraft – nicht nur während der Arbeitszeit.
Wenn es dich so beschäftigt, dass du mir schreibst, bist du vielleicht sogar schon an einem Punkt angekommen, an dem du sagst: Ich habe lange durchgehalten, aber jetzt ist eine Grenze erreicht.
Wertschätzung ist kein Bonus, sie ist ein Grundbedürfnis
Ich gehe davon aus, dass du den überwiegenden Teil des Tages an deinem Arbeitsplatz verbringst. Wenn es dir dort nicht gut geht und du jeden Tag diesem Frust ausgesetzt bist, ziehst du das bestimmt auch mit in deine Freizeit. Es dauert sicherlich länger, sich von einem Arbeitstag zu erholen, der ja grundsätzlich auch mit Wertschätzung schon anstrengend sein kann, besonders in einer Einarbeitungsphase.
Es geht ja hier nicht darum, einfach nur ein bisschen gelobt zu werden. Es geht vielmehr um das Grundbedürfnis, einen wertvollen Beitrag zu leisten und dass genau das eben auch gesehen wird. Zwei Gespräche, die klare Bitte um konstruktives Feedback und jedes Mal kam keine Reaktion … Du möchtest dich einbringen, du reflektierst dich selbst und du übernimmst Verantwortung. Und trotzdem stößt du auf taube Ohren. Du hast es wirklich versucht.
Auch wenn du selbst siehst, dass du deine Arbeit gut machst, kann ich mir vorstellen, dass neben dem Frust, der ja schon da ist, doch irgendwann mal die Selbstzweifel einsetzen. Und je mehr diese Zweifel einen im Griff haben, desto ohnmächtiger fühlt man sich.
Was du tun kannst, wenn du dich nicht geschätzt fühlst
Du hast schon versucht, dir auf sachliche und lösungsorientierte Weise Gehör zu verschaffen. Leider ohne Erfolg. Jetzt ist es besonders wichtig. dass du dir selbst klarmachst, dass du nicht erst kaputtgehen musst, bevor du ernst genommen wirst. Dass der Selbstwert leidet, bekommt man manchmal gar nicht direkt mit. Es ist ein schleichender Prozess. Solltest du dich bereits fragen „Was muss ich denn noch tun, damit es reicht?“, gib hier unbedingt auch Verantwortung an die Führungsebene zurück. Du tust bereits genug. Es kann helfen, wenn du für dich mal aufschreibst: Was wünsche ich mir ganz konkret von wem? Was davon ist nicht (mehr) verhandelbar (und warum nicht)?
Ich weiß nicht, inwiefern es für dich machbar und sinnvoll ist, aber manchmal kann auch ein innerer Rückzug helfen: Du machst deine Arbeit professionell, aber du hoffst nicht mehr darauf, dass es jemand anerkennt. Für mich wäre das eher eine vorübergehende Lösung. Ich weiß, dass ich das kann, wenn es sein muss. Ich weiß aber auch, dass ich das auf Dauer nicht möchte. Denn Arbeitszeit ist Lebenszeit. Solltest du dich für den inneren Rückzug entscheiden (ohne innerlich zu kündigen!), sammle unbedingt für dich selbst Beweise dafür, dass du deine Arbeit gut machst. Schreib dir regelmäßig auf, warum du mit dir und deiner Arbeit zufrieden bist, was du gut gemeistert und Neues gelernt hast. Vielleicht kannst du auch Feedback von anderen Personen einholen. Schreib dir alles auf und lies es immer mal wieder durch.
Wenn bisherige Gespräche nichts gebracht haben, darfst und solltest du natürlich auch nach außen hin klare Grenzen setzen und vielleicht in einem erneuten Gespräch klar und deutlich formulieren, dass du mehrfach um konstruktives Feedback gebeten und es nicht bekommen hast. Du willst Dinge gut machen, du willst Rückmeldung und Gespräche (nicht nur ein permanentes Vorhalten von Fehlern), du willst lernen – was ja eigentlich im Sinne des Unternehmens sein sollte. Wenn es für dich passt, benenne auch, welche Konsequenzen das mit sich zieht (für dich, deine Arbeit, das Unternehmen), wenn sich an der Situation nichts ändert. Gibt es in deinem Unternehmen noch andere Anlaufstellen, bei denen du um Gespräche und Unterstützung bitten kannst?
Langfristig gesehen solltest du auch Alternativen prüfen. Wenn sich nichts ändert, ist es vermutlich am gesündesten, dass du dich selbst auf eine Veränderung vorbereitest. Ob du nun die Abteilung oder das Unternehmen wechselst oder vielleicht sogar was ganz anderes machst. Nach 36 Jahren fällt es sicherlich schwerer, sich neu zu orientieren, es kann sich aber absolut lohnen.
Reflexionsübung zur Selbstachtung und Abgrenzung: Was ist meine Arbeit (mir) wert?
Wenn du dir noch unsicher bist, wie du jetzt am besten vorgehen solltest, hilft dir vielleicht diese Reflexionsübung. Nimm dir ein bisschen Zeit und schreib mal deine Gedanken zu folgenden Fragen auf:
- Was habe ich in letzter Zeit gut gemacht?
(Liste alles auf, was dir einfällt. Halte dich nicht zurück.) - Woher weiß ich sicher, dass ich meine Arbeit gut mache, auch ohne Anerkennung von außen?
(Denke dabei an Erfahrungen, Rückmeldungen von anderen, deine eigene Wahrnehmung …) - Was wünsche ich mir an Wertschätzung? Und was davon kann ich mir vielleicht selbst geben?
- Wo ist meine innere Grenze? Ab wann merke ich: Das wird ungesund für mich? Woran merke ich das?
- Was würde ich einer guten Freundin raten, die mir genau das erzählt, was ich gerade erlebe?
Von anderen Menschen Wertschätzung zu bekommen und diese auch anzunehmen ist die eine Seite. Da wir aber nicht immer beeinflussen können, wie andere sich uns gegenüber verhalten und wir manche Situation auch nicht immer direkt verlassen können, ist es auch wichtig, sich innerlich zu stärken. Besonders dann, wenn der Selbstwert schon anfängt ein bisschen zu leiden.
Wenn du möchtest, lass mal folgenden Satz einen Moment lang auf dich wirken: „Ich kann mich selbst anerkennen und wertschätzen, auch wenn andere es nicht tun.“
- Wie fühlt sich dieser Satz für dich an? Welche Gedanken, Gefühle oder Körperempfindungen löst er aus?
- Was wäre anders in deinem Alltag, wenn dieser Satz für dich zur inneren Überzeugung wird? Oder, wenn diese Überzeugung schon da ist: Wie zeigt sie sich in deinem Handeln?
Denke nicht so viel über die Antworten nach und fange einfach an zu schreiben (s. auch hier: Ordnung im Kopf durch Freewriting – Anleitung und Wirkung dieser therapeutischen Schreibmethode).
Fazit: Fehlende Wertschätzung am Arbeitsplatz kann krank machen
Nein, man kann auf Dauer nicht ohne Wertschätzung arbeiten. Zumindest nicht, ohne einen inneren Preis dafür zu zahlen.
Wertschätzung ist keine nette Zugabe, sondern eine Form von psychologischer Grundversorgung. Denn: Wertschätzung stärkt das Selbstwertgefühl, das Gefühl von Zugehörigkeit und die Motivation. Ohne sie steigt das Risiko für Stress, Erschöpfung und innere Kündigung. Leider ist das noch nicht überall angekommen und viele Menschen stehen dem Thema „Wertschätzung am Arbeitsplatz“ sehr abwertend gegenüber. Lass dich davon nicht verunsichern.
Wichtig ist auch, dass du selbst siehst, was du leistest. Du hast versucht, ins Gespräch zu gehen. Du hast keine Antwort erhalten. Sorge nun ganz bewusst für dich selbst, finde einen für dich guten Umgang mit der Situation, indem du dich klar abgrenzt, und prüfe langfristig gesehen auch Alternativen zu deinem derzeitigen Arbeitsplatz.
Wenn du noch Fragen hast oder weitere Gedanken mit mir teilen möchtest, schreib mir gerne wieder.
Hast du Fragen zu diesem Blogartikel oder gehen dir andere Themen durch den Kopf, zu denen du dir ein paar Impulse wünschst? Dann kommentiere unten auf dieser Seite oder schreib mir hier.
Du hast schon mal eine Frage gestellt? Hier findest du alle bisherigen Antworten.
Ich schreibe dir etwa 4x im Monat – immer dann, wenn’s hier was Neues gibt, ich ein paar Gedanken mit dir teilen oder dich an etwas erinnern möchte. Alle 3 Monate gibt es ein paar zusätzliche Mails, in denen ich dich zu kurzen Reflexionen mit Hilfe der psychologischen Tarot-Arbeit anleite.
Du kannst mir jederzeit auf meine Mails antworten, wenn du deine Gedanken mit mir teilen möchtest. Ich freue mich immer über einen kurzen Austausch. 😊
Die Menschenfieber-Post ist für dich kostenfrei. Möchtest du irgendwann keine Mails mehr bekommen, kannst du dich jederzeit mit nur einem Klick wieder abmelden.
Ich versende die Mails über einen deutschen Newsletter-Anbieter mit hohen Datenschutz-Standards. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung.
Psychologisches Kartenlegen als Klärungshilfe: Tarot-Abend am 30. Oktober 2025 inkl. E-Mail-Beratung >>> mehr Infos & Anmeldung
Hi, ich bin Anett. Ich unterstütze vor allem introvertierte, sensible und empathische Menschen dabei, sich von Druck und Erwartungen anderer zu befreien, Konflikte wertschätzend zu lösen und Stress zu reduzieren. Hinter den Kulissen immer an meiner Seite: meine beiden Hunde aus dem Tierschutz – Suri und Nanni.
Meine neuesten Blogartikel
Innere Ruhe statt Rückzug: Gesund abgrenzen durch bewusste Konfrontation
Viele Menschen verwechseln Abgrenzung mit Rückzug oder Kontrolle. Dabei beginnt sie schon viel eher. Nämlich in dem Moment, in dem du merkst, dass dich etwas stresst, und du versuchst, dem Gefühl auszuweichen. Du willst einfach nur Ruhe. Doch echte Ruhe entsteht nicht, wenn alles um dich herum still ist, sondern wenn du innerlich ruhig bleiben kannst. Dieser Monatsimpuls hilft dir, genau das zu üben und stressende Momente bewusster wahrzunehmen.
Monatsrückblick September 2025: Tarot, Impulskontrolle & zurück zu den Grundlagen
Der Herbst wirbelt meinen Geist regelmäßig durcheinander. Fast immer ist es so, dass ich dann alles auf den Prüfstand stelle, aussortiere und Neues schaffe. Auch im September war es wieder so. Es hat sich Neues angebahnt und inzwischen sind die Pläne dazu sogar schon relativ konkret. Ansonsten dreht nach wie vor sehr viel um unseren neuen Tierschutzhund Nanni. Die ersten Unsicherheiten und Ängste hat er überwunden, nun zeigen sich neue Herausforderungen. Nichts ist so beständig wie der Wandel …
Ich darf mich auf niemanden verlassen – Ein Glaubenssatz unter der Lupe
Verlässlichkeit ist eines dieser Themen, bei dem die meisten von uns wahrscheinlich glauben, zu wissen, was gemeint ist. Bis wir dann auf schmerzhafte Weise erfahren, dass jeder etwas anderes darunter versteht. Besonders in Beziehungen – sei es freundschaftlich, partnerschaftlich oder familiär – prallen da schnell unterschiedliche Bedürfnisse und Erwartungen aufeinander. In diesem Blogartikel geht es gezielt um den Glaubenssatz „Ich darf mich auf niemanden verlassen“: Was steckt dahinter? Warum ist er so hartnäckig? Und wie kannst du ihn lösen?