Bewölkter Vollmondhimmel und die Aufschrift: Zwischen den Jahren – Die Rauhnächte aus psychologischer Sicht

Wenn das Jahr zu Ende geht, gibt es oft viele widersprüchliche Eindrücke zu verarbeiten. Alles passiert irgendwie gleichzeitig: Es ist dunkel, aber auch hell beleuchtet. Man fühlt sich erfüllt, aber auch erschöpft. Es ist laut und gleichzeitig still. Man sehnt sich nach Rückzug, aber der Kalender ist noch voll. Und zumindest mir geht es meist so, dass ich die Trägheit und Müdigkeit des alten Jahres spüre, gleichzeitig aber auch eine Unruhe wahrnehme, weil das neue Jahr mit all den neuen Ideen und Projekten schon ruft.

Diese Zeit zwischen den Jahren, die Rauhnächte, sind vor allem durch Social Media sehr präsent geworden. Sie sind aber keine moderne Erfindung. Im Gegenteil: Seit Jahrhunderten gilt diese Zeit als besonders. Man sagt, dass die Schleier zur Anderswelt in diesen Nächten besonders dünn sind, was unter anderem die Seele empfänglicher für Träume und Zeichen macht. Und auch wenn die meisten Menschen heute keine Stallgeister mehr fürchten oder Dämonen mit Räucherwerk abwehren, spüren innerlich viele von uns, dass irgendwas anders ist.

In diesem Blogartikel gebe ich dir einen Einblick in die Mythologie der Rauhnächte und betrachte diese auch aus psychologischer Sicht.

Inhalt

Was sind die Rauhnächte?

Die Sperrnächte: Aufräumen, Abschließen, Sortieren

Warum wir von „zwischen den Jahren“ sprechen

Die Rauhnächte als Schwellenzeit

Mythen der Rauhnächte und deren psychologische Bedeutung

Die Wilde Jagd

Frau Holle (Perchta)

Die Nornen

Rituale der Rauhnächte

Stille und Achtsamkeit

Reinigen und Räuchern

Schicksalstage und Orakel

13 Wünsche

Fazit: In den Rauhnächten wird sichtbar, was sonst untergeht

Was sind die Rauhnächte?

Als Rauhnächte werden die Tage zwischen den Jahren bezeichnet, also zwischen Ende Dezember und Anfang Januar. Meist wird vom Abend des 24. Dezembers bis zum Morgen des 5. Januars gerechnet. Daran schließt sich die Dreikönigsnacht an, die oft als Abschluss der Rauhnächte gilt, aber nicht mehr Teil dieser ist. Es ist sozusagen der Übergang zurück in den normalen Jahresrhythmus.

Die Rauhnächte gelten als Tage der Stille und des Innehaltens. Viele Menschen nutzen sie, um bewusst zurückzuschauen, Vergangenes loszulassen und mit klarem Blick ins neue Jahr zu gehen.

Auch wenn man es sich in dieser Zeit oft besonders gemütlich macht und bewusst mehr Ruhe sucht, sind es keine reinen Wellness-Tage, an denen immer alles leicht und schön ist. Die Rauhnächte wühlen auf, schon allein durch die persönliche Innenschau und Reflexion. Dazu kommt, dass gerade das Jahresende oft hektisch ist. Jeder möchte etwas von einem, es gibt noch so viel zu tun. Auch Familienzusammenkünfte sind nicht immer harmonisch. All das steht dem Bedürfnis nach Ruhe gegenüber und birgt natürlich auch eine ganze Menge Konfliktpotenzial.

Die Sperrnächte: Aufräumen, Abschließen, Sortieren

Vor den Rauhnächten gibt es übrigens auch noch die Sperrnächte. Vom 8. bis 21. Dezember nutzt man diese traditionell zum Aufräumen und Reflektieren – sodass man geordnet in die Rauhnächte startet und sich auf das neue Jahr einstimmt.

Während der Sperrnächte wird also zurück auf das alte Jahr geschaut und während der Rauhnächte nach vorn aufs kommende Jahr.

Ich persönlich halte es bisher so, dass ich die Sperrnächte meist dazu nutze, im Außen Ordnung zu schaffen und Dinge abzuschließen. Sodass ich mich während der Rauhnächte ganz auf die Innenschau (und das innerliche Loslassen) konzentrieren kann.

Falls du die Sperrnächte zur Reflexion nutzen möchtest, kannst du – so wie ich es auch immer mache – einen kleinen Jahresrückblick schreiben. Ich veröffentliche meinen Rückblick jedes Jahr als Blogartikel. Aber er ist genauso wirksam, wenn du nur für dich persönlich schriftlich auf dein vergangenes Jahr zurückschaust.

Gehe dafür dein letztes Jahr ganz in Ruhe Monat für Monat durch und schau mal, was so alles passiert ist. Man denkt oft, es war nichts los oder hat nur ein bis zwei Ereignisse im Kopf. Dabei ist da oft so viel mehr. Nutze unbedingt deinen Kalender und gehe auch deine Fotos, Nachrichten, E-Mails, Notizen usw. durch. Interessant ist dann auch immer die Frage: Welche inneren Themen haben mein Jahr geprägt?

Damit leitet du übrigens schon die tiefere Reflexion während der Rauhnächte ein, die ich persönlich immer mit psychologischem Tarot mache, weil da Dinge zum Vorschein kommen, an die ich sonst gar nicht denken würde.

Wenn du Lust hast, dich bei deinen Reflexionen begleiten zu lassen und wenn du dich von meinen persönlichen Erkenntnissen inspirieren lassen möchtest, meld dich für die Rauhnachts-Begleitung an.

Ich leite dich schriftlich durch die Rauhnächte und bin, wenn du das möchtest, auch ganz persönlich per E-Mail oder Videochat für dich da. Ob einfach nur zum Quatschen und Gedanken austauschen oder zum Entlasten, weil es da gerade irgendwas gibt, was raus muss, ist ganz dir überlassen.

Warum wir von „zwischen den Jahren“ sprechen

Das „zwischen den Jahren“ bezieht sich auf die Lücke, die entsteht, wenn man das Mondjahr mit seinen zwölf Monaten dem Sonnenjahr gegenüberstellt.

Das Mondjahr richtet sich nach den Mondzyklen, also nach den zwölf Umläufen des Mondes um die Erde. Ein Mondjahr hat etwa 354 Tage. Das Sonnenjahr orientiert sich am Lauf der Erde um die Sonne und hat 365 Tage. Diese Differenz von etwa 11 Tagen (bzw. 12 Nächten) gilt in vielen alten Traditionen als „Zeit außerhalb der Zeit“. Genau diese Lücke zwischen Mond- und Sonnenjahr sind die Rauhnächte. Sie markieren also symbolisch das „Dazwischen“, eine Schwellenzeit, in der das Alte vergeht und das Neue noch nicht begonnen hat.

Heute orientiert sich unser westlicher Kalender ausschließlich am Sonnenjahr. Viele alte Kulturen haben sich aber nach dem Mond gerichtet und da wurde früher dieser Unterschied zwischen den Jahren ausgeglichen. Sonst würde sich das Jahr dadurch immer weiter gegenüber den Jahreszeiten verschieben: Nach ein paar Jahren wäre der kalendarische Wintermonat dann im Herbst oder Sommer. Also wurden regelmäßig Schalttage oder Schaltmonate eingefügt.

Dieser Ausgleich zwischen Sonnen- und Mondzeit war also nötig, um Kalender und Natur wieder in Einklang zu bringen. Die „fehlenden Tage“ zwischen den beiden Zählweisen sind symbolisch das, was später in der Mythologie zu den Rauhnächten wurde: eine Zwischenzeit, die weder ganz dem alten noch dem neuen Jahr gehört.

Die Rauhnächte als Schwellenzeit

Diese „leeren“ Tage wurden zu einer Schwellenzeit, in der Menschen innehielten, orakelten, Häuser räucherten, Tiere segneten und Geschichten erzählten. Es wirkt fast so, als würde die Welt stillstehen, um sich zu erneuern.

Auch psychologisch betrachtet sind Schwellenzeiten sehr kraftvoll: Wenn etwas endet, bevor Neues beginnt, tauchen wir oft tiefer in uns selbst ein. Vergangenes wird sichtbarer, Fragen oder Erkenntnisse werden deutlicher. Diese Leere fühlt sich manchmal unangenehm an. Aber: Nur in der Stille kann sich zeigen, was wir sonst überhören.

Mythen der Rauhnächte und deren psychologische Bedeutung

Es gibt verschiedene Erklärungen, woher der Name Rauhnächte stammt. Manche leiten ihn vom Wort „Rauch“ ab, weil in diesen Nächten traditionell mit Kräutern und Harzen geräuchert wurde – als Reinigung, Schutz und Segen für Haus, Hof und Seele.

Andere sehen den Ursprung im mittelhochdeutschen Wort „rûch“, also „haarig“ oder „rau“, was auf die wilden, zottigen Dämonen und Geister anspielt, die in den alten Sagen durch die Nächte ziehen sollen.

Und hier zeigt sich auch, dass die Rauhnächte keine durch und durch entspannten Wellness-Tage sind. Diese Zeit wurde nie als besonders harmonisch angesehen. Sie galt als heilig, aber auch als unheimlich.

Die Wilde Jagd

Eine der bekanntesten Mythen erzählt von der Wilden Jagd, bei der die unerlösten Seelen umherziehen, je nach Region angeführt von Odin (auch Wodan genannt) oder Frau Holle. Es heißt, man sollte diesem Geisterzug nicht begegnen. Oder wenigstens stillhalten, wenn er vorbeizeiht, damit man nicht mitgerissen wird. Unter anderem daher stammt auch der Aberglaube, dass man während der Rauhnächte keine Wäsche waschen soll. Es ging dabei wohl mehr ums Aufhängen der Wäsche draußen. Denn darin könnten sich die Geister leicht verfangen.

Psychologisch betrachtet ist die Wilde Jagd für mich ein Sinnbild für ein inneres Aufwirbeln, das wir wahrnehmen können, wenn wir zur Ruhe kommen. Dinge, die wir im Alltag verdrängen oder die einfach untergehen, werden in der Stille hör- und spürbar. Und das ist nicht immer angenehm.

Frau Holle (Perchta)

Neben der wilden Jagt hat Frau Holle noch eine andere Bedeutung: Man sagt, dass sie in den Rauhnächten erscheint, um zu prüfen, ob die Menschen fleißig, ehrlich und respektvoll waren. Sie belohnt die Guten und straft die Nachlässigen.

In den Märchen (und in den Rauhnachtsmythen) verkörpert Frau Holle das Prinzip der inneren Ordnung und Reifung. Sie spiegelt uns, wie wir mit uns selbst und der Welt umgehen. Und damit sind wir schon beim psychologischen Blickwinkel:

Fleiß und Achtsamkeit stehen hier weniger für äußere Produktivität, sondern mehr für innere Präsenz und Verantwortung. Wer achtsam handelt, wird belohnt, weil er sich im Einklang mit sich selbst und dem Leben fühlt.

Nachlässigkeit und Trägheit dagegen symbolisieren den Zustand, in dem man sich selbst vernachlässigt. Indem man also seine innere Stimme überhört und unachtsam durchs Leben geht. Die „Strafe“ ist dann nicht moralisch gemeint, sondern als psychologische Konsequenz. So kann man sich dann z. B. innerlich leer, unzufrieden oder orientierungslos fühlen.

Frau Holle steht also für ein unbewusstes Wissen darüber, was gut und richtig ist. Sie prüft, ob wir in Balance sind – also ob Geben und Nehmen, Tun und Ruhen, Wollen und Sein usw. im Gleichgewicht stehen.

In den Rauhnächten können wir diese innere Prüfung besonders deutlich wahrnehmen: Vieles, was im Alltag verdrängt oder übertönt wurde, kommt jetzt leichter an die Oberfläche. Frau Holle „rüttelt die Betten auf“, damit uns auffällt, was zu lange liegen blieb. Das bedeutet, sie lädt uns ein, uns selbst ehrlich zu prüfen: Wo bin ich mir treu geblieben? Wo war ich nachlässig mit mir? Was darf ich im neuen Jahr anders machen?

Wenn du möchtest, ergründen wir solche und ähnliche Fragen während der Rauhnachts-Begleitung gemeinsam.

Dafür nutzen wir psychologisches Tarot als Hilfsmittel. Es macht einfach Spaß, mit den Karten zu reflektieren und es passt perfekt in diese Rauhnachts-Stimmung.

Die Nornen

Auch die Nornen, die drei Schicksalsgöttinnen aus der nordischen Mythologie, spielen in vielen Erzählungen um die Rauhnächte eine Rolle. In der Mythologie weben sie das Schicksal, den Lebensfaden, eines jeden Menschen ins Lebensgeflecht ein und verbinden dabei Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Psychologisch betrachtet steht dieses Bild für das innere Zusammenwirken unserer eigenen Lebensgeschichte:

Urd, die Norne der Vergangenheit, symbolisiert unsere Wurzeln und damit all unsere bisherigen Erfahrungen, Prägungen und Entscheidungen. Sie erinnert daran, dass nichts verschwindet. Alles, was wir erlebt haben, bleibt Teil unseres Gewebes.

Verdandi, die Norne der Gegenwart, steht für das, was wir jetzt gestalten können. Sie verkörpert Bewusstheit und die Fähigkeit, mit dem zu arbeiten, was jetzt, in diesem Moment, ist.

Skuld, die Norne der Zukunft, verweist auf das, was sich aus unseren Handlungen entwickelt. Sie steht für Potenzial, Verantwortung und die Ahnung dessen, was noch werden will.

Wenn man diese drei Kräfte zusammennimmt, bedeutet das aus psychologischer Sicht: Wir sind nicht die passiven Opfer eines vorbestimmten Schicksals, sondern Teil dieses Webens. Die Nornen erinnern uns daran, dass Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft untrennbar miteinander verbunden sind und dass wir, indem wir unser Hier und Jetzt bewusst gestalten, den Faden unserer Zukunft mitbestimmen.

Oder um es noch kürzer zu sagen: Jedes Mal, wenn wir unsere Geschichte annehmen (Urd), präsent bleiben (Verdandi) und Verantwortung für unsere Richtung übernehmen (Skuld), nehmen wir selbst den Faden in die Hand.

Über die Nornen sagt man auch, dass deren Spinnräder während der Rauhnächte besonders aktiv sind und alle anderen Räder am besten stillstehen sollten, um diese Arbeit nicht zu stören. Für mich ist das eine schöne Erinnerung daran, eine innere Auszeit vom Alltag zu nehmen, meine automatischen Gedankenräder immer wieder anzuhalten, achtsam zu sein und mir bewusst zu machen, wer ich bin und was ich möchte.

Rituale der Rauhnächte

Es heißt, dass alles, was wir während der Rauhnächte tun und denken, einen besonderen Einfluss auf unser Schicksal hat. Daher gibt es viele Bräuche und Rituale, um sich ein gutes neues Jahr zu sichern. Die Bräuche, die sich auf die Nornen oder andere Schicksalsmächte beziehen, stammen meist aus volkstümlichen Überlieferungen und vermischen sich mit den allgemeinen Rauhnachts-Ritualen.

Auch psychologisch können die Rauhnachts-Rituale sehr sinnvoll sein. Viele Menschen erleben den Dezember als Spagat: Termindruck, Geschenke, Erwartungen und gleichzeitig der Wunsch nach Ruhe. Wenn es aber dann nach den Weihnachtsfeiertagen dunkler und stiller wird, ist die eigentlich ersehnte Ruhe manchmal kaum auszuhalten, weil man sich so daran gewöhnt hat, immer beschäftigt zu sein und sämtlichen Ansprüchen gerecht zu werden.

Die Rauhnächte laden uns mit ihren Ritualen dazu ein, innezuhalten und hinzuspüren. Auf der einen Seite machen wir Pause vom Alltag, auf der anderen Seite geben sie uns Orientierung und Stabilität während der dunkleren Phasen und darüber hinaus.

Stille und Achtsamkeit

In vielen Überlieferungen heißt es, dass alles, was wir zwischen den Jahre tun, sagen oder denken in das kommende Jahr hineinwirkt. Die Rauhnächte gelten als die Zeit, in der die Grenzen zwischen den Welten dünn werden, die Nornen besonders aufmerksam weben, das Alte abgeschlossen und das Neue vorbereitet wird. Wenn die Schicksalsfäden gerade neu geordnet werden, ist jede Störung, Schuldzuweisung oder Hektik wie ein Knoten im Gewebe. Also hält man inne, trifft keine großen Entscheidungen, spricht bewusst, zettelt keinen Streit an und vermeidet Unruhe.

Auch aus psychologischer Sicht sind Stille und Achtsamkeit während dieser Zeit sehr sinnvoll. Die Wochen vor Weihnachten sind oft überreizt, laut und voller Termine und Erwartungen. Wenn wir es zulassen, können die Rauhnächte wie ein Reset wirken, der es uns ermöglicht, zur Ruhe zu kommen. Dazu kommt, dass wir in Übergangszeiten besonders empfänglich für Selbstreflexion, Einsichten und Neuorientierung sind. Stille wirkt dann wie ein Verstärker, da leichter sichtbar wird, was wir sonst übergehen. Im normalen Alltag haben wir ja oft wie so ein Hintergrundrauschen aus größeren und kleineren Konflikten, Druck und Entscheidungen. Wenn wir bewusst innehalten und all das wegfällt, nehmen wir auch leise und feine Signale unseres Körpers wieder wahr: Was tut mir gut? Wovon habe ich genug? Was darf bleiben? Was drückt eigentlich schon länger und braucht eine Veränderung? Wenn wir auf diese Weise reflektieren, weben wir sozusagen an unserem Lebensfaden mit.

Wenn wir achtsam sind, schützen wir uns aber auch vor impulsiven Kurzschluss-Handlungen. Viele Entscheidungen am Jahresende entstehen aus Erschöpfung, Überforderung oder emotionalem Druck. Die Rauhnächte laden dazu ein, nicht sofort zu reagieren. Wir treffen einfach bessere Entscheidungen, wenn wir Situationen aus einem ruhigeren, klareren Zustand heraus betrachten.

Der Mythos sagt also „Halte inne, weil die Nornen arbeiten.“ Und die Psychologie sagt „Halte inne, weil du dann klarer siehst, was du wirklich willst und brauchst.“

Wenn du jetzt noch nicht genau weißt, wie du Stille und Achtsamkeit in deinem Alltag umsetzen kannst, beginne damit, dich an folgenden Punkten zu orientieren:

  • Schließe den Tag bewusst ab. Nutze dafür z. B. eine kleine Reflexion oder einen kurzen und ganz bewussten Moment der Stille.
  • Wenn du dich eh schon gerade sehr dünnhäutig fühlst, lasse dich auf keine großen Streitgespräche ein. Willst du diesen Kampf jetzt wirklich gerade kämpfen? Oder kann man das auch erst mal so stehen lassen, Kraft tanken und ggf. später klären? Die meisten Dinge sind nicht so dringend, wie es den Anschein macht. Oft ist es nur der Stress, der uns das glauben lässt.
  • Triff keine großen Entscheidungen, wenn du emotional aufgewühlt bist – was während der Übergangsphasen sehr häufig der Fall ist.
  • Sei ganz bewusst in deinem Rhythmus: schlafe ausreichend, iss und atme achtsam und ganz in Ruhe. Lass alles liegen, was nicht unbedingt gemacht werden muss und gib deinem Tag vielleicht auch ein bisschen Struktur, achte dann aber darauf, dass du genug Luft lässt.
  • Ziehe dich, wann immer du kannst, zurück: Geh alleine spazieren, lies ein Buch, leg dich aufs Sofa und mach einfach mal gar nichts.

Reinigen und Räuchern

Viele Bräuche der Rauhnächte drehen sich um Reinigung – im Außen wie im Innen. Es wird das ganze Haus gründlich aufgeräumt und Dinge, die nicht mehr gebraucht werden, werden aussortiert. Wobei vieles davon auch schon während der Sperrnächte passiert. Anschließend wird geräuchert, um symbolisch alte Luft zu vertreiben und Platz für das Neue zu schaffen.

Mystisch oder spirituell betrachtet dienen diese Räucherungen dazu, alte Energien loszulassen und Schutz zu erbitten. Das Räuchern gilt auch als eine Art symbolischer Danksagung an die Schicksalskräfte und Hausgeister, um das neue Jahr rein zu beginnen.

Es steckt aber auch hier natürlich eine psychologische Wirkung dahinter: Reinigung bedeutet immer auch Grenzen ziehen: Was darf bleiben? Was ist überholt? Wovon habe ich mich entfernt? Und was belastet nur noch, weil es mir inzwischen gar nicht mehr entspricht?

Wenn wir Dinge aussortieren oder einen Raum bewusst erneuern, sortieren wir uns innerlich oft gleich mit. Unser Gehirn nimmt äußere Ordnung sehr ernst, weil es sich daran orientiert, ob wir offene Schleifen oder Chaos mit uns herumtragen. Du kennst bestimmt dieses befreite Gefühl, wenn du einen Raum oder die gesamte Wohnung ausgemistet und einmal von oben bis unten geputzt hast.

Das Räuchern ist aus psychologischer Sicht vor allem ein Ritual der bewussten Übergänge. Der Duft, der Rauch und das langsame Durchgehen durch einen Raum verlangsamt automatisch den Atem und senkt die Stressaktivität im Körper. Wir entspannen und es fällt uns leichter, uns neu auszurichten. Der Rauch wird zu einer Art Markierung: Hier endet etwas. Hier beginnt etwas Neues. Es ist ein bisschen so, als würden wir uns neu mit uns selbst synchronisieren.

Wenn du das Ritual in deinen Alltag integrieren möchtest, kannst du Folgendes tun: Räume kurz auf oder sortiere Dinge aus, die dich schon länger stören. Wähle dann ein Kraut, das du magst. Klassisch sind Beifuß, Wacholder oder Weihrauch, aber es muss nicht traditionell sein. Wichtig ist, was du persönlich damit verbindest oder dass es für dich einfach nur gut riecht. Gehe dann ganz bewusst durch den Raum, atme langsam und nimm wahr, wie sich der Raum anfühlt. Oft merkt man erst danach, wie viel inneren Raum man sich damit auch zurückholt.

Wenn du nicht räuchern möchtest, kann es auch schon völlig ausreichen, wenn du einfach mal kräftig durchlüftest. Tageslicht und frische Luft wirken Wunder.

Ich persönlich bin nicht so der klassische Räucherfreund. Ich habe auch Hunde, die das wahrscheinlich nicht so mögen würden. Ich habe aber ein Stövchen, auf dem ich immer mal etwas Lavendel liegen habe, einfach weil ich den Duft sehr mag. Und ich nutze sehr gerne die Allgäuer Heilkräuterkerzen. Die riechen richtig gut und sehr dezent. Auch wenn die Kerzen gerade nicht brennen (was sie eh selten tun), bleibe ich im Vorbeilaufen oft einen kurzen Moment stehen, um an ihnen zu schnuppern. Düfte haben einfach eine direkte Wirkung auf unsere Emotionen.

Schicksalstage und Orakel

Ein großer Teil der Rauhnächte-Tradition dreht sich um Orakel: Karten ziehen, Träume deuten, Zeichen wahrnehmen.

Früher wollte man damit einfach Unsicherheiten greifbarer machen. Menschen haben schon immer versucht, den Übergang zwischen zwei Jahreszyklen als Orientierungspunkt zu nutzen. Dabei ging es nicht unbedingt um das Schicksal, sondern viel mehr darum, dass Menschen Struktur lieben, besonders dann, wenn vieles im Umbruch ist.

Aus mystischer Sicht kann man Geräusche, Träume oder Tierverhalten als Hinweise der Nornen deuten. Ich hab auch mal davon gehört, dass man nachts Brot, Wasser oder Garn bereitlegen sollte, falls die Nornen vorbeikommen. Einfach als Zeichen der Gastfreundschaft und Demut. Außerdem steht jede der zwölf Rauhnächte symbolisch für einen Monat des kommenden Jahres (die sog. Schicksals- oder Lostage). Und es heißt, wenn du achtsam durch die Tage gehst, kannst du Hinweise auf das neue Jahr erkennen. Achte dabei z. B. auf Träume, Begegnungen oder Stimmungen.

Psychologisch betrachtet bündelt das Orakeln die Aufmerksamkeit. Wenn du eine Karte ziehst, eine Begegnung oder einen Traum notierst, wirst du automatisch die Frage dahinter ernster nehmen. Du hörst dir selbst zu. Und genau das fehlt manchmal im normalen Alltag. Das, was du mit den Karten, Beobachtungen, Symbolen oder Traumfragmenten verbindest, ist kein Zufall. Es spiegelt dir deine inneren Themen. Dein Kopf sortiert im Hintergrund ohnehin alles, was dich beschäftigt. Ein Orakel macht das einfach nur sichtbar. Es bringt das Unklare an die Oberfläche, sodass du dich damit auseinandersetzen kannst.

Deshalb spielt es auch keine große Rolle, welche Methode du nutzt: Tarot, ein Wort aus einem Buch, ein Satz, der dir im Kopf hängenbleibt oder eine Beobachtung, die dir besonders auffällt … Das Prinzip ist immer das gleiche: Etwas Äußeres hilft dir, deine inneren Fragen zu benennen. Und die Rauhnächte laden uns ein, genau das ganz bewusst zu tun.

Wenn du diese Tradition für dich mal ausprobieren möchtest, kannst du es ganz schlicht und einfach halten:

  • Ziehe morgens oder abends eine Karte und schau, was dein erster Gedanke dazu ist.
  • Notiere dir einen Satz, der dir im Gedächtnis hängen bleibt.
  • Halte einen Traum schriftlich fest, auch wenn er unlogisch erscheint.
  • Nimm jeden Tag bewusst wahr und beobachte, was dir gerade wirklich guttut. Wenn du möchtest, reflektiere auch dazu, z. B.: Wie gehe ich mit Unruhe um? Worauf richte ich eigentlich die ganze Zeit meine Aufmerksamkeit? Was zeigt sich, wenn ich still werde?

13 Wünsche

Ein besonders schöner Brauch ist das Ritual der 13 Wünsche:

Du schreibst 13 Wünsche für das neue Jahr auf kleine Zettel. Dann faltest und mischst du sie, sodass du später nicht mehr weißt, welcher Wunsch wo steckt. In jeder Rauhnacht ziehst du einen dieser Zettel und verbrennst ihn ungelesen.

Zwölf Wünsche gehen so ins Feuer. Das Feuer steht dabei für das, was du dem Leben, dem Schicksal oder einer höheren Ordnung überlässt (was auch immer das für dich bedeutet). Du gibst ab, was dich zwar bewegt, was du aber nicht erzwingen wirst. Der letzte, übriggebliebene Wunsch gehört dir. Um den darfst du dich im nächsten Jahr ganz bewusst und gezielt kümmern.

Psychologisch hat dieses Ritual etwas sehr Klärendes: Zuerst machst du dir bewusst, was dir wichtig ist. Vielen Menschen fällt es schwer, überhaupt auf 13 Wünsche zu kommen, weil sie verlernt haben zu wünschen. Vielleicht durch die wiederholte Erfahrung, dass Wünsche eh nicht in Erfüllung gehen. Oder durch die mitgegebene Lebensregel, dass man sich nicht so viel wünschen darf, weil man nicht gierig sein soll. Wenn man auf diese Art sehr ausgebremst wird, verliert man leicht den Blick für die eigenen Werte, Interessen und Bedürfnisse.

Da du dich dann um nur einen dieser 13 Wünsche aktiv kümmern wirst und die anderen 12 nach und nach ungelesen verbrennst, hast du einen ganz klaren Fokus. Du verzettelst dich nicht in mehrere verschiedene Richtungen, sondern widmest dich ganz gezielt diesem einen zufällig übriggebliebenen Wunsch. Es ist auch eine Loslass-Übung: Wir können nicht alles gleichzeitig machen. Manche Dinge müssen erst mal beiseite gelegt oder sogar abgegeben werden, damit wir vorwärts kommen. Hier eine bewusste Entscheidung zu treffen, kann schwerfallen. Der Zufall (sofern es den gibt) nimmt uns diese Entscheidung ab. Viele Dinge hängen ja auch irgendwie miteinander zusammen. Kümmerst du dich um eine Sache, beeinflusst das immer auch andere Themen und manche Dinge entwickeln sich automatisch mit.

Wenn du möchtest, schreib dir zusätzlich alle 13 Wünsche in ein Notizbuch, bevor du die Zettelchen faltest und verbrennst. Schau dann am Ende des folgenden Jahres nach, welche der Wünsche sich auf welche Art und Weise „wie von selbst“ erfüllt haben, welche noch offen sind und welche vielleicht inzwischen gar keine Relevanz mehr für dich haben.

Dieser Brauch passt übrigens auch wunderbar zu den Mythen rund um die Nornen. Man sagt ja, dass sie in den Rauhnächten besonders aktiv sind, unsere Schicksalsfäden neu ordnen und unseren Weg für das kommende Jahr vorbereiten. In einigen alten Erzählungen heißt es, dass man ihnen in dieser Zeit etwas anvertrauen könne. So, als würde man symbolisch sagen: Ich versuche nicht, alles allein zu lösen und alles zu kontrollieren.

Fazit: In den Rauhnächten wird sichtbar, was sonst untergeht

Je näher wir dem Jahresende kommen, desto deutlicher spüren wir manchmal diese Mischung aus Müdigkeit, Sehnsucht, Unruhe und Vorfreude. Genau hier können uns die Rauhnächte unterstützen. Sie geben dieser inneren Zerrissenheit einen Rahmen und erinnern uns daran, dass es okay ist, wenn wir uns zwischen den Jahren nicht ganz so stabil fühlen wie sonst. Es ist eine Zeit, in der vieles gleichzeitig auftaucht: Vergangenes, das noch nachwirkt, Gedanken, die man lange vor sich hergeschoben hat, und Bedürfnisse oder Wünsche, die wir im Alltag kaum wahrnehmen können.

Die Rauhnächte sind also nicht nur besinnlich. Sie können aufwühlen, alte Themen an die Oberfläche bringen, Erinnerungen und Emotionen freisetzen.

In vielen alten Geschichten heißt es, dass Geister ihr Unwesen treiben, wenn man die Stille nicht achtet. Und das ist eine schöne bildhafte Erinnerung daran, dass auch unsere inneren Geister lauter werden, wenn es außen ruhig wird. Und wenn wir in diesem Moment innehalten und zuhören, statt in Ablenkung zu flüchten, können wir aus alten, bisher noch unbewussten Stressmustern aussteigen.

Die Mythen von Frau Holle, der Wilden Jagd oder den Nornen erzählen im Grunde alle vom Gleichen. Sie sagen, dass wir uns immer wieder neu ausrichten dürfen und dabei ehrlich mit uns selbst sein müssen. Aber nicht aus Angst vor Strafe oder weil wir auf eine Belohnung hoffen, sondern weil es wichtig ist, sich selbst nicht aus den Augen zu verlieren.

Du kannst die Rauhnächte bewusst nutzen, um aufzuräumen, innezuhalten, zu reflektieren oder einfach nur, um einen Moment länger als sonst still dazusitzen. Dadurch entsteht eine kleine Lücke im Alltag. Und wenn du es schaffst, diese Ruhe auszuhalten, kannst du dich selbst wieder besser wahrnehmen und dich an deinen eigenen Werten, Wünschen und Bedürfnissen orientieren – statt dich in Hektik, guten Vorsätzen oder wilden Gedanken zu verlieren.

Wenn du möchtest, lass uns zusammen durch die Rauhnächte gehen: Mit achtsamem Übungen, Reflexion und Gedankenaustausch kommen wir zur Ruhe und weben die Fäden unseres Lebens gemeinsam neu ein.

Während unserer gemeinsamen Zeit kannst du mir schreiben, wann immer dir danach ist. Oder wir treffen uns online, in meinem Meeting-Raum, und plaudern gemütlich bei einer Tasse Tee oder Kaffee (oder einem Glas Wein, wenn du magst). Es ist für jedes Thema Platz.

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